Friederike Mayröcker:

der Brief aus Nagoya

das Handtuch der Spiegel der Kalender 2000
der Wecker die Seife, während du schattig bist,
die Tasche der Schuh, die Verkäuferin mit der silbernen
Spange an Lippe und Kinn : spüre den kneifenden
Schmerz den sie leidet um schön zu sein. Der Hocker
die Regale mit je einem linken Schuh der glänzende Schuhlöffel
stiefellang, der Brief aus Nagoya die Tasse der Rumpf
des Ladens, das linnenfarbene Licht die Ampel
die Hochwege, Laura, die Zedernwälder in einem Brief aus Nagoya
der Stock mit dem Gummipfropfen das Schild KOMME GLEICH
an der Glastür, die Pflaumenblüte, der Sattel des Bergs
die Fischpaste der Tee der Brunnstein die Reisfelder
das Bambusrohr die kanvasfarbene Sonne untergehend in Wolken
das Gesicht häszlich am Morgen im Spiegel wie angeleuchtet
von innen wie Lampion japanisch gerouget. Die Schwindelkirsche
das zirpende Licht die Butterblume, viel Kritzeln im Kopf
der Fuji im Blechnapf, das Sputum in linker Wange, elektrisch
aufgeladen das Haar dasz es fliegt. Der Mond rasend der Mond
die Schwertlilien Iris im Wintergarten die Pomeranzen Orakelbuch
weissagend zu werden, die Wassergärten das mythenbildende Herz
von Pollen 1 Kind, das mediterrane Bäumchen in mir - schon
verschwimmt mir jegliches Ding berauschenden Tönen gleich


für Martin Kubaczek                                                   27.3.02

© Friederike Mayröcker
Der Autorin danke ich herzlich für die Erlaubnis, dieses Gedicht hier wiedergeben zu dürfen.