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Warum Finsternis? Warum die immer gleiche totale Finsternis in meinen Büchern? Das ist kurz erklärt: In meinen Büchern ist alles künstlich, das heißt, alle Figuren, Ereignisse, Vorkommnisse spielen sich auf einer Bühne ab, und der Bühnenraum ist total finster. Auftretende Figuren auf einem Bühnenraum, in einem Bühnenviereck, sind durch ihre Konturen deutlicher zu erkennen, als wenn sie in der natürlichen Beleuchtung erscheinen wie in der üblichen uns bekannten Prosa. In der Finsternis wird alles deutlich. Und so ist es nicht nur mit den Erscheinungen, mit dem Bildhaften - es ist auch mit der Sprache so. Man muß sich die Seiten in den Büchern vollkommen finster vorstellen: Das Wort leuchtet auf, dadurch bekommt es seine Deutlichkeit oder Überdeutlichkeit. [...]

Und wenn man meine Arbeiten aufmacht, ist es so: Man soll sich vorstellen, man ist im Theater, man macht mit der ersten Seite einen Vorhang auf, der Titel erscheint, totale Finsternis - langsam kommen aus dem Hintergrund, aus der Finsternis heraus, Wörter [...].«

  

  

Thomas Bernhard: Drei Tage. In: ders.: Der Italiener [1971], Frankfurt/M.: Suhrkamp 1989.