»Die ganze Menschheit ist eine unendliche mit allen Schönheiten und Möglichkeiten, sagte mein Onkel Georg. Nur der Stumpfsinnige glaubt, die Welt höre da auf, wo er selbst aufhört. Mein Onkel Georg hat mich aber nicht nur in die Literatur eingeführt und mir die Literatur als das Paradies ohne Ende geöffnet, er hat mich auch in die Welt der Musik eingeführt und mir für alle Künste die Augen geöffnet. [...] Zuerst aber mußte ich, kurz gesagt, von meinen Eltern fast zur Gänze vernichtet werden, um dann, als ich schon über zwanzig gewesen war und, wie es schien, rettungslos verloren, von meinem Onkel Georg doch noch geheilt zu werden. [...]

Leute wie die Meinigen sind am skrupellosesten vor allem gegen ihre Familienmitglieder, wenn es darauf ankommt. Sie scheuen letzten Endes vor keine Infamität zurück. Unter dem Mantel ihrer Christlichkeit und Großartigkeit und Gesellschaftlichkeit sind sie nichts als habgierig und gehen, wie gesagt wird, über Leichen. Mein Onkel Georg hatte von Anfang an nicht in ihre Pläne gepaßt. Tatsächlich fürchteten sie ihn, weil er sie früh durchschaut hatte. […]«

Thomas Bernhard: Auslöschung. Ein Zerfall. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1986.