Prof. Dr. Anke Bosse

Home                Forschung                 Publikationen
                 
KOLLOQUIEN UND AUSSTELLUNGEN                                      français

Ausstellung
Marlen Haushofer

Namur, 20. Oktober bis 16. November 1998
   

Copyright: Foto - Manfred Haushofer, Plakat - Anke Bosse
© Foto: Sybille Haushofer - © Plakat: A. Bosse
  

Exemplarisch spiegeln Leben und Werk der österreichischen Autorin Marlen Haushofer (1920-1970) die Situation von Schriftstellerinnen in den 1950er und 1960er Jahren. Nachdem sie das Studium und jede Berufsperspektive aufgegeben hatte, beschränkte sich Haushofer auf die Rolle als Mutter und Hausfrau in der kleinen Provinzstadt Steyr. In dieser Situation blieb für ihre eigentliche Passion, das Schreiben, nur wenig Zeit, etwa in der Nacht oder den frühen Morgenstunden. Eine gespaltene Existenz, unter der sie sehr litt: »... dauernd in mehreren Welten leben, die durch Abgründe getrennt sind.« Unter diesen Umständen war es für sie ausgesprochen schwer, sich in literarischen Kreisen oder gar auf dem literarischen Markt bemerkbar zu machen. 1970, im Alter von nur 50 Jahren, starb Marlen Haushofer an Krebs.

Die ursprünglich nur deutschsprachige Ausstellung ist, um die Autorin Marlen Haushofer auch dem frankophonen Publikum näher zu bringen, für ihre Präsentation in Namur von Anke Bosse und ihren Mitarbeiterinnen zu einer zweisprachigen erweitert worden (dt.-frz.). Dazu ist ein zweisprachiger Katalog erschienen.

Angesichts der geschilderten Situation Haushofers überrascht es kaum, dass die zeitgenössische Literaturkritik ihr schriftstellerisches Talent weitgehend verkannte und dass ihr subtiles Werk erst in den 1980er Jahren (gefördert von der feministischen Literaturkritik) einem grösseren Publikum bekannt wurde. Seither wird dieses Werk als repräsentativ für die sogenannte »präfeministische Literatur« der 1950er und 1960er Jahre angesehen. Auf diese Perspektive wird es heute nicht mehr beschränkt. Vielmehr ist längst anerkannt, dass Haushofers Werk eine wichtige Rolle in der Entstehung der österreichischen Nachkriegsliteratur gespielt hat.

Parallel zur Ausstellung ist daher in Namur von Prof. Dr. Anke Bosse das erste internationale Kolloquium zu Marlen Haushofer veranstaltet worden. Die Beiträge sind inzwischen in Buchform erschienen.

   
Marlen Haushofer:
»Ich bin allein ...«
(Auszug aus Wir töten Stella, 1958)
Auszüge aus dem zweisprachigen Katalog:
Brief an Jeannie Ebner, 20. Oktober 1964: »Der neue Roman quält mich sehr ...«
1968 veröffentlicht Marlen Haushofer diesen »Roman« in Form einer Novellen-Sammlung: Schreckliche Treue. Laut Jeannie Ebner geht es dort um »Nichtigkeiten«, die Haushofer unter »ein starkes Mikroskop« legt. So würden die Personen erkennbar als wahre »Ungetüme an Ichsucht, Bosheit, Grausamkeit, Perversion und Dummheit«.
Marlen Haushofer erhält für Schreckliche Treue im selben Jahr den Österreichischen Staatspreis.

Tagebuch vom 27. Januar 1968: »Eigentlich kann ich nur leben, wenn ich schreibe ...«
In ihren letzten Lebensjahren litt Marlen Haushofer an Knochenkrebs. Sie hat bis zuletzt, noch im Krankenhaus, geschrieben.